Der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) hat sich gegen eine Zulassung des Alzheimer-Medikaments Lecanemab (Leqembi) in der Europäischen Union ausgesprochen. Die Begründung: Die Nebenwirkungen bzw. negativen Effekte von Leqembi überwiegen den gesundheitlichen Nutzen. Das Risiko sei laut Ansicht des Ausschusses zu hoch, auch wenn das neue Medikament den geistigen Verfall verzögern könne.
Die MAS Alzheimerhilfe begrüßt die Entscheidung, die Sicherheit von Menschen mit Demenz bei der Nutzen-Risiko-Abwägung entsprechend zu gewichten und betont gleichzeitig die Bedeutung und Notwendigkeit von wissenschaftlicher Forschung, um Medikamente gegen Alzheimer zu entwickeln.
Lecanemab, das als erster Wirkstoff eine ursächliche Therapie für Alzheimer darstellt, zeigte zwar in Studien eine Reduktion des kognitiven Verfalls um etwa 30 Prozent, wurde jedoch aufgrund schwerwiegender Nebenwirkungen wie Hirnschwellungen und Blutungen im Gehirn abgelehnt. Diese Nebenwirkungen erfordern eine intensive Überwachung der Betroffenen, was das Risiko in den Augen der EMA über die potenziellen Vorteile hinausgehen lässt. Zudem käme der Antikörper nur für einen sehr begrenzten Kreis, nach Einschätzung von Experten für weniger als zehn Prozent der PatientInnen, in Frage.
Gemischte Reaktionen in der Fachwelt
Die Entscheidung der EMA stieß auf gemischte Reaktionen. Denn unter dem Handelsnamen Leqembi ist der Wirkstoff unter anderem bereits in den USA, Israel, Japan, China und Südkorea zur Behandlung von Alzheimer zugelassen.
Daher sehen viele ExpertInnen in der Nichtzulassung einen Rückschlag für die Patienten, insbesondere angesichts der mit neuen Behandlungsansätzen und Medikamenten verbundenen hohen Erwartungen. Allein in Österreich sind 150.000 Menschen von einer Demenz betroffen.
Euphorie und Realität: MAS Alzheimerhilfe mahnt zu Vorsicht bei neuen Medikamenten
Die MAS Alzheimerhilfe hat in einer Stellungnahme vom August 2023 (nachzulesen auf Alzheimer Wissen – MAS Alzheimerhilfe Bad Ischl) die damalige Euphorie einzuordnen versucht und ein zurückhaltendes Statement abgegeben.
Die MAS Alzheimerhilfe hat seit ihrer Gründung 1997 mehrfach mitverfolgt, dass klinische Studien zu neuen Alzheimer-Medikamenten bzw. deren Entwicklung letztlich gescheitert sind und hautnah miterlebt, wie diese Rückschläge in der Forschung und Medikamentenentwicklung auch mit großen Enttäuschungen und zerschlagenen Hoffnungen bei den Betroffenen und Angehörigen von Menschen mit Demenz einhergegangen sind. Angesichts dieser Erfahrungen ist es notwendig, auf Basis von gesicherten Fakten zu kommunizieren und keine falschen Erwartungen zu wecken.
Es gibt ein gutes Leben mit Demenz
Die MAS Alzheimerhilfe rät Betroffenen zu einer möglichst frühzeitigen medizinischen Diagnose (Früherkennung). Durch gute medizinische Begleitung, psychosoziale Betreuung sowie raschen Therapiebeginn (z. B. stadiengerechte Ressourcentrainings) kann es gelingen, die Krankheit zu verzögern und Menschen mit Demenz möglichst lange in ihrer vertrauten Umgebung belassen zu können. Die MAS Alzheimerhilfe arbeitet weiter intensiv daran, Hemmschwellen abzubauen, damit Menschen frühzeitig eine Demenzservicestelle, eine andere Beratungsstelle oder/und einen Facharzt aufsuchen.
Die MAS Alzheimerhilfe betont zudem die Notwendigkeit der Früherkennung von Demenz. In Österreich liegt die Diagnoserate bei nur 20 bis 30 Prozent, was auf eine nach wie vor starke Tabuisierung und Stigmatisierung der Krankheit hinweist. Um dieser Herausforderung zu begegnen, werden in den Demenzservicestellen kostenlose Gedächtnischecks und Vorsorgeinitiativen angeboten, um die Früherkennung zu fördern und den Zugang zu professioneller Hilfe zu erleichtern. Es gibt ein gutes Leben mit Demenz. Einfühlsame Unterstützung, eine anpassbare Umgebung und Zugang zu spezialisierter medizinischer und psychosozialer Betreuung sind notwendig, um die Lebensqualität von Menschen mit Demenz und deren Angehörigen zu erhalten.
Hinweis: Die MAS Alzheimerhilfe unterhält keine Beziehungen zu den Pharmakonzernen Eisai und Biogen, den Entwicklern von Lecanemab. Trotz gründlicher Recherche übernehmen wir keine Gewähr für die Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität der Inhalte.
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